Der August ist für fincas reanimadas ein geschäftiger Monat, denn es ist der Monat vor der Erntesaison: Je besser das Land vorbereitet ist, desto leichter wird die Ernte in den Herbstmonaten von der Hand gehen. Wir verzichten auf das lokal übliche Pflügen und anschließende Plattwalzen der Erde. Im Umkehrschluss bedeutet das: Auf unseren Ländern wuchert und krabbelt es. Das ist die meiste Zeit des Jahres schön anzusehen. Aber zur Erntezeit müssen die Bäume erreicht werden. Daher heißt es im Sommer sehr früh aufstehen, um mit den ersten Sonnenstrahlen am Land sein, zu mähen und die Bäume freizustellen!
Gearbeitet wird mit Freischneidern und Balkenmäher. Das Ziel dabei ist, den Boden und die Bäumen so frei zu stellen, dass die Netze für die Ernte ausgelegt werden können. Das ist sehr zeitintensiv. Im Gegensatz zum Pflügen bringt es neben dem Erhalt und der Förderung der Artenvielfalt jedoch auch viele weitere Vorteile wie zum Beispiel Erosionsschutz und Wasserspeicherung mit sich.
Johannesbrot
Die Erntesaison beginnt Ende August mit den schwarzen Schoten der Algarrobos oder Garrofes, wie die Bäume hier bezeichnet werden, dem Johannisbrot. Diese hängen wie Bananen an den dicht beblätterten Bäumen. Ganz anders als beispielsweise Mandelbäume spenden die Algarrobos Schatten. Im Schatten der Bäume werden die reifen Schoten mit Stöcken von den Ästen geschlagen. Sie fallen auf die vorbereiteten Netze und werden eingesammelt. Die Handarbeit ist notwendig, da die Äste dick und das Holz von solcher Art, dass es durch eine Rüttelmaschine brechen würde.
Johannisbrot hat ein festes, aromatisch-süßes Fruchtfleisch, das vom Geschmack an Kakao und Karamell erinnert. Unsere Tochter bricht sich die Schoten entzwei und isst sie frisch vom Baum. Die Carobfrucht, wie Johannisbrot auch genannt wird, wird als nährstoffreiches Viehfutter geschätzt. Es kann Kakaopulver ersetzen und findet sich beispielsweise in Nougat-ähnlichen Aufstrichen aus dem Biomarkt. Die Kerne finden in Form von Johannisbrotkernmehl (Carubin) als Verdickungsmitteln Anwendung (wer neugierig ist, hält auf Puddingpulver, Soßen, Süßigkeiten oder Eis nach E 410 Ausschau – das ist Carubin!). Johannisbrotkernmehl wird in glutenfreiem Brot verwendet, sowie in vegetarischen und veganen Aufstrichen.
Mandeln
Die Mandelernte folgt im September. Anders als die Johannisbrotbäume sind Mandelbäume wahrlich keine Schattenspender. Sie haben mit ihren Blättern schon Anfang August einen Tribut an die spanische Sommerhitze gezahlt und sind seitdem nur noch spirrelige Bäume in der Landschaft. Dafür sind die Mandelbäume der Grund, warum es hier im Februar am schönsten ist: Dann ist die Landschaft ist ein sanftes Rosa getaucht, das aussieht wie gemalt. Aber den Rest des Jahres sind Mandelbäume ziemlich dürre Geschöpfe – die ganze Kraft des Baumes geht in die mehrfach verpackte und gut geschützte Frucht: Die Mandel! Gleich zweifach ist die eingepackt. Einmal mit einer weichbehaarten Schale, die sich zum Reifezeitpunkt öffnet und die harte Nuss freigibt. Doch um die zu knacken, braucht es einen kräftigen Stein vom Wegesrand (zumindest wenn man auf einem Spaziergang gerade Hunger bekommt). Ein paar gezielte Schläge und nicht selten kommen sogar zwei kleine, essbare Mandeln zum Vorschein. Das ist dann die Mandel, die es im Supermarkt bei den Backwaren gibt. Bei uns kann man die harte Mandel ungeknackt kaufen. Die harte Schale hält die innen liegenden Mandelkerne mindestens ein Jahr lang frisch und eine Plastiktüte, in denen diese sonst aufbewahrt werden, braucht es natürlich auch nicht.
Oliven
Ende September bis Ende November folgt dann die nächste Ernte: Die Oliven sind reif. fincasreanimadas erntet die Olive im idealen Moment der Reife vom Baum. Sie werden mit einem elektrischen Kamm von den Ästen gestreift und landen ebenfalls auf Netzen. Eingesammelt in Körben wird die vielseitige Frucht zur zehn Minuten entfernten Olivenmühle gebracht und gepresst.
Wir pflücken die Oliven von den Bäumen, da dadurch eine bessere Qualität erreicht werden kann, als wenn die Oliven bereits vom Baum gefallen sind und vom Boden aufgesammelt werden. Die zweite Variante ist die effizientere und in weiten Teilen der konventionellen Olivenölproduktion Standard. Wir entscheiden uns für die arbeitsreichere Alternative und ernten die Oliven etwas früher vom Baum, wenn sie in vollem Saft stehen. Die frische Note unseres Olivenöls und der qualitative Unterschied zur Ware aus den Supermarktregalen fällt auch Olivenöl-„Laien“ unmittelbar auf.
Die Olivenernte ist ein wunderbarer Abschluss eines arbeitsreichen Jahres. Fast ein ganzes Jahr beobachtet man die Bäume, ist geneigt dazu, die Olivenblüten zu übersehen, so zart und klein und unscheinbar sind sie. Und plötzlich reifen die Oliven, am Anfang mehr Kern als Frucht. Sie wachsen und finden selbst im so heiß-trockenen mediterranen Sommer noch genügend Wasser, um dieses zu Öl zu verwandeln. Als grüner Goldsaft abgefüllt, ist der Abschluss und gleichzeitig der Anfang eines neuen landwirtschaftlichen Jahres erreicht.